Ich bin selbst kein regelmäßiger Sonnenbeobachter und vermesse selbst auch keine Positionen von Sonnenflecken.
Ich habe aber viel Spaß daran, Lösungen für interessante Probleme zu finden und zu realisieren. So machte mich
der Artikel "Positionsbestimmung von Sonnenflecken in der Bildverarbeitung" von Klaus-Peter Daub im Sternkieker
der GvA (Gesellschaft für volkstümliche Astronomie) in Hamburg im Jahre 2014 darauf aufmerksam, dass die Bestimmung
von Sonnenfleckenpositionen recht aufwändig und mit diversen Problemen verbunden ist.
Mit fachlicher Unterstützung von Klaus-Peter Daub sowie der Sonnenbeobachtergruppe der GvA ist dann das Programm
"SunMap" entstanden, dass im Juli 2016 auf der 39. Sonnentagung der VdS-Fachgruppe Sonne in Kirchheim vorgestellt
wurde. Weitere Anregungen aus dieser Veranstaltung sind dann noch in die heute vorliegende Programmversion eingeflossen.
Zudem wurde das Programm von Klaus-Peter intensiv getestet und die Ergebnisse mit Fotos und Daten des DHO
(Debrecen Heliophysical Observatory) in Debrecen (Ungarn) abgeglichen.
Die Funktionen von SunMap:
Ziel des Programms ist es, die Position von Sonnenflecken zu messen. Dazu müssen bekannt sein:
- Die Orientierung des Fotos zur irdischen Nordrichtung (Lage der Kamera)
- Der Zeitpunkt der Aufnahme
Alle weiteren Informationen und Daten lassen sich hieraus berechnen oder ableiten, so die Werte für "P" und "B0",
die die Lage des Gradnetzes auf der Sonne festlegen, sowie der Carringtonzyklus und "L0" für die absolute Positionsbestimmung.
Nordorientierung und Aufnahmezeitpunkt können manuell eingegeben werden. Das Programm kann sie aber auch aus den
EXIF-Daten der Fotos bzw. der Analyse zweier Fotos, die nacheinander ohne Nachführung aufgenommen wurden, ermitteln.
Somit können sowohl eigene Fotos als auch Fotos anderer Quellen, z.B. die Originalfotos, die Debrecen verwendet,
eingelesen und analysiert werden, sofern die o.g. Informationen bekannt sind oder ermittelt werden können.
Damit kann ein Gradnetz über das Foto gelegt und die Position von Sonnenflecken oder Fleckengruppen bezogen auf
dieses Gradnetz bestimmt werden. Gradnetz und Sonnenfoto können auf drei verschiedene Weisen ausgerichtet werden:
wie das Originalfoto, Erdnord oben oder Sonnennord oben.
Ein wesentlicher funktionaler Baustein des Programms ist die Aufbereitung des Fotos.
Hierfür stehen folgende Funktionen zur Verfügung:
- Konvertierung eines Farbbildes in ein Graubild oder Auswahl eines Farbkanals (R, G, B)
- Einstellung der Grundhelligkeit des Fotos
- Einstellung des Gammawertes
- "Verbiegung" der Gammakurve zu einer "S-Kurve" zur Spreizung und Kontrastverstärkung der mittleren Helligkeitswerte
- Schärfung des Bildes
Zur Vereinfachung der Bedienung ist eine Vorbelegung dieser Werte aufrufbar.
Das so aufbereitete Foto kann mit oder ohne eingeblendetes Gradnetz als JPG-Foto in der Auflösung des Ursprungsfotos
abgespeichert werden, um es z.B. in der eigenen Dokumentation zu verwenden..
Zur möglichst genauen Vermessung der Fleckenpositionen kann ein separates Zoomfenster geöffnet und darin der
gewählte Bildausschnitt variabel gezoomt und positioniert werden. Mit dem Mauscursor kann das Zentrum eines
Flecks markiert werden. Das Programm berechnet die Koordinaten im Koordinatensystem der Sonne. Diese Daten
können - oder müssen - manuell um die NOAA-Nummer, die Klassifizierung (nach Waldmeier und/oder McIntosh) und
die Anzahl der Flecken (in einer Gruppe) ergänzt werden. Die so gewonnenen Fleckendaten werden vom Programm in
einer eigenen Datei gesammelt und gespeichert. Fleckengruppen werden ebenso erfasst. Nur werden hierfür zwei
Fleckenpositionen gemessen und gespeichert. Als Position der Gruppe berechnet das Programm die Mitte zwischen
diesen Einzelflecken. Es werden aber zusätzlich auch die Positionen der beiden Einzelflecken gespeichert sowie
der Abstand der Einzelflecken und die Neigung ihrer Verbindungslinie zur Äquatorebene berechnet.
In einer weiteren Funktion kann zudem die Fläche eines Flecks oder einer Fleckengruppe vermessen werden. Dazu
wird der Fleck oder die Gruppe grob per Cursor mit einer Linie umrissen. Innerhalb der so begrenzten Fläche kann
jetzt mittels eines Schiebereglers eingestellt werden, bis zu welchem Schwellwert die dunklen Pixel der Fläche
zuzurechnen sind. Die so ausgewählten Pixel werden unter Berücksichtigung ihrer Lage auf der sichtbaren
Sonnenhalbkugel und der daraus resultierenden geometrischen Verzerrung zur Flächenzahl "F" zusammengefasst.
Zusätzlich zur Größe der Fläche wird auch der geometrische Schwerpunkt bestimmt. Interessant ist ein Vergleich
dieser Koordinaten mit den oben bestimmten.
Alle diese Daten werden in einer Datei gesammelt, auf der jederzeit wieder aufgesetzt werden kann. Dazu ist es
weder erforderlich, die Nordausrichtung des Fotos neu zu bestimmen, noch die optimalen Bildeinstellungen noch
einmal herauszufinden. Die so gespeicherten Daten können in SunMap ergänzt, geändert oder gelöscht werden. Auf
Knopfdruck kann man sich schnell einen Überblick über die erfassten Flecken oder Gruppen verschaffen. Sie werden
im Übersichtsbild der Sonne markiert. Alle erfassten Flecken- oder Gruppendaten können in eine Excel-Datei
exportiert und dort weiter verarbeitet werden.
Ich hoffe so die systematischen Sonnenbeobachter in ihrer Arbeit unterstützen zu können, indem SunMap ihnen
die Routineschritte abnimmt. Das Programm befindet sich zur Zeit noch nicht im praktischen Einsatz. Sicher
werden noch Fehler und Verbesserungs- sowie Erweiterungsvorschläge aufkommen. Wer das Programm im Rahmen
seines Hobbies nutzen möchte, der schreibe mir bitte eine Mail (s.u.). Zur gewerblichen Nutzung ist das Programm
nicht freigegeben und darf dafür nicht verwendet werden. Über Feedback sowie Vorschläge zur Verbesserung und/oder
Weiterentwicklung würde und werde ich mich sehr freuen.
Schreiben Sie mir eine Nachricht!
Noch ein paar technische Details: Das Programm ist nur unter Windows lauffähig und nutzt IrfanView zur
Konvertierung der Eingangsbilddaten in ein von SunMap verarbeitbares Bildformat. SunMap kann dadurch alle Bildformate
verarbeiten, die auch IrfanView lesen und anzeigen kann.
Update (im Februar 2017): Mittlerweile wurde SunMap erweitert, um auch Einzelbilder unterschiedlicher Quellen und auch
Zeichnungen und Skizzen einlesen, darstellen und auswerten zu können. Bei letzteren besteht die Schwierigkeit,
dass SunMap die Sonnenfläche gegenüber dem Himmel nicht anhand des Kontrastes erkennen kann. Ausgehend von
einem Kreis, der manuell innerhalb der Sonnenfläche nahe dem Sonnenrand aufgespannt wird, sucht das Programm
den Rand der Sonnenfläche selbst und ermöglicht so die exakte weitere Auswertung.
Zum Einsatz von SunMap in der VdS-Fachgruppe Sonne siehe: vds-sonne.de
"Wie wir die Messungen machen".
Update zum Release 1.3 (im Juli 2018): Mit dem Release 1.3 wurden neben diversen Verbesserungen an der
Handhabung und der Genauigkeit des Programms folgende Funktionen neu eingeführt:
- Entfernungsmessungen zwischen Flecken, unabhängig davon, ob diese in einem gemeinsamen Zoomfenster angezeigt
werden.
- Messung von Helligkeitsprofilen (siehe Abb.).
- Erstellung von Zeitreihen: Bildfolgen (Videos), die z.B. die Entwicklung eines Flecks über die Zeit visualisieren.
Zudem steht SunMap in einer deutsch- und einer englischsprachigen Version (inkl. Handbuch) zur Verfügung.
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